Selbsthilfegruppe gründen

Eine Selbsthilfegruppe (SHG) zu gründen ist nicht schwer. Was dazu nötig ist, können Sie hier erfahren…

Kontaktaufnahme

Viele ungewollt Kinderlose kennen keine anderen Betroffenen. Zunächst ist es daher wichtig, mit anderen Interessenten für eine SHG in Kontakt zu kommen. Eine Möglichkeit stellen Inserate in Zeitschriften dar, die allerdings zu kurz und unpersönlich sind.
Eine andere Möglichkeit ist ein Interview – eventuell auch anonym – in einer größeren Tageszeitung. Da vielen Redakteuren das Problem der ungewollten Kinderlosigkeit wenig bekannt ist, empfiehlt sich eine persönliche Kontaktaufnahme.
Des Weiteren bietet sich die Möglichkeit, Handzettel bei Ärzten, Apotheken, Beratungsstellen etc. auszulegen.
Teilweise erklären sich auch Organisationen, wie Pro Familia oder Selbsthilfekontaktstellen bereit, Adressen und Telefonnummern von Interessenten entgegenzunehmen und weiterzuleiten oder Info-Abende zum Thema ungewollter Kinderlosigkeit durchzuführen.
Es besteht auch die Möglichkeit, an Kirchen und gesetzliche Krankenkassen heranzutreten. Die Krankenkassen sind aus gesundheitsrechtlichen Gründen gehalten, Selbsthilfegruppen zu unterstützen und deren Gründung zu fördern. Eventuell können diese Organisationen auch Räume für Treffen oder finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.

Äußere Form der Treffen

Hat man schließlich weitere Betroffene gefunden, stellt sich die Frage, in welchem Rahmen die Treffen stattfinden sollen. Hier bietet sich ein regelmäßiger Wochentag und eine regelmäßige Uhrzeit im Abstand von zwei bis vier Wochen zwischen den Treffen an.
Als Ort der Treffen ist es empfehlenswert, einen „neutralen“ Raum zu suchen, da die Probleme der Betroffenen in einer „nüchternen Atmosphäre“ intensiver besprochen werden können.

Ablauf der Treffen

Ist die SHG nicht von dritter Seite angeleitet oder betreut, so kann man festlegen, dass die Gesprächsleitung von Treffen zu Treffen wechselt. Es empfiehlt sich, die Treffen mit einer Vorstellungsrunde und einem so genannten „Blitzlicht“
(Wie geht es mir momentan ?) zu beginnen.
Im weiteren Verlauf sollten zunächst die aktuellen Probleme der einzelnen Teilnehmer im Vordergrund stehen. Verbleibt noch Zeit, so können auch Themen besprochen werden, die die Teilnehmer sich vorher überlegt haben. z.B.:

  1. Erfahrungen mit Ärzten, Heilpraktikern, Psychologen oder Adoptionsvermittlern
  2. Wie weit sollen bzw. wollen wir gehen ?
  3. Wie gehe ich mit meinem Partner im Hinblick auf die ungewollte Kinderlosigkeit um ?
  4. Wie gehen wir mit der Schwangerschaft unserer Freunde und
    Bekannten um ?
  5. Wie gehen wir mit den Reaktionen und Fragen unseres sozialen
    Umfelds um ?
  6. Stellen Adoption oder Pflegschaftsverhältnis für uns eine Alternative dar ?
  7. Können wir mit dem eventuellen Abschied vom Kinderwunsch umgehen ?
  8. Wie stellen wir uns letztlich ein Leben ohne Kinder vor ?

Zur Gestaltung der Gruppentreffen bieten sich im übrigen noch folgende Alternativen an:

  • Es können Fachkräfte, wie z.B. Ärzte, Adoptionsvermittler etc. eingeladen werden. Diese kommen der Einladung erfahrungsgemäß gerne nach.
  • Bei entsprechenden technischen Voraussetzungen kann sich eine Gruppe auch gemeinsam Videofilme, z.B. über aufgezeichnete Fernsehsendungen, anschauen und anschließend über die Sendung diskutieren. Die Diskussion über die Themen setzt bei den Teilnehmern sehr viel Offenheit voraus, da intime Probleme angesprochen werden. Aus diesem Grund sollte darauf hingewiesen werden, dass die persönlichen Informationen der Betroffenen, die die Teilnehmer bei den Treffen erhalten, auf jeden Fall innerhalb der Gruppe bleiben müssen.

Wichtig ist es, den Teilnehmern bewusst zu machen, dass die SHG keine Therapie darstellt und jeder für sich selbst verantwortlich ist. Die SHG bietet keine Patentrezepte, sondern eine Gelegenheit, durch Gespräche mit anderen Betroffenen die eigenen Probleme besser zu verstehen und einen individuellen Weg zu deren Bewältigung zu finden. Dabei sollte die Gruppe kein einseitiger „Abladeplatz“ für die eigenen Sorgen sein, sondern ein gegenseitiges Geben und Nehmen.

Wie die Erfahrung gezeigt hat, kann es trotz intensiver Bemühungen und unter Ausnutzung aller o.g. Möglichkeiten bis zu 2 Jahren dauern, bevor es zu einem regelmäßigen Ablauf der Treffen kommt.

Sehr gute Informationsmaterialien zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen sind zu erhalten über:

NAKOS (Nationale Kontakt- u. Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen)
Albrecht – Archilles – Straße 65
10709 Berlin
Tel.: 030 / 89 14 019
www.nakos.de

KISS (Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen.)
Herworthstraße 12
50672 Köln
Tel.: 0221 / 95 15 42-16
Fax.: 0221 / 95 15 42-42

Als sehr hilfreich hat sich auch die „Starthilfe – zum Aufbau von Selbsthilfegruppen – ein Leitfaden“ erwiesen. In einzelnen Schritten enthält sie wichtige Tipps und ist auch über NAKOS erhältlich oder direkt über:

Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppe e.V.
c/o Friedrichstraße 28
35392 Gießen
Tel.: 0641 / 70 22 478

Neben Info-Blättern zu einzelnen Punkten gibt NAKOS auch so genannte „Rote Adressen“ der lokalen bzw. regionalen Selbsthilfegruppen und Unterstützungsstellen in der Bundesrepublik Deutschland heraus.